Zwischen Algorithmus und KI – die smarte Bewerbung

Photo by bruce mars on Unsplash

Laut einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage der Bertelsmann Stiftung wissen die Deutschen erschreckend wenig mit dem Begriff „Algorithmus“ anzufangen. Nahezu die Hälfte der befragten Personen kann der Auswertung zufolge gar nichts mit dem Begriff assoziieren. Ein Großteil sei sich zudem gar nicht bewusst, in welchen Bereichen Algorithmen ihre Anwendung finden. So wissen beispielsweise nur 28 Prozent der Befragten, dass sie bei Krankheitsdiagnosen eingesetzt werden. Besonders heikel ist aber auch, dass lediglich 35 Prozent wissen, dass heutzutage Algorithmen bei Bewerbungen eine zunehmend große Rolle spielen.

Interessant ist außerdem, dass trotz oder gerade wegen der großen Unkenntnis, die Deutschen den Algorithmen kritisch gegenüberstehen. Ein Großteil von Ihnen, fast 80 Prozent, zieht der Umfrage zufolge menschliche Entscheidungen den auf Algorithmen basierenden vor. Dennoch werden zum Beispiel teilautomatisierte Bewerbungsverfahren für eine objektive Analyse beziehungsweise Vorauswahl der geeignetsten Kandidaten eingesetzt. Das ist durchaus im Sinne des Bewerbers und des Arbeitgebers. Insbesondere die Personalabteilung erhofft sich zudem einen effizienteren, also zeitsparenden Bewerbungsprozess.

Teilautomatisierte Bewerbung: Vorteile für beide Seiten

Einfache Bewerbermanagementsysteme, bei denen die Bewerbung hochgeladen werden kann, tragen bereits dazu bei. Wer nicht alle Masken ausgefüllt hat, weil er entweder nichts angeben konnte oder schlichtweg nachlässig war, dessen Chancen auf die gewünschte Stelle sinken: Die Bewerbung wird es nicht in die Gruppe der aussichtsreichsten Kandidaten schaffen. Die Vorauswahl erfolgt, ohne dass von menschlicher Seite in den Prozess eingegriffen wurde.

Ein Algorithmus übernimmt in diesem Fall also die Aufgaben, die sonst der oder die Personalverantwortliche übernommen hätte. Anders als der Begriff „Algorithmus“ wissen die Deutschen laut der Umfrage etwas mehr mit dem Begriff „Künstliche Intelligenz“ (KI) anzufangen. Auch deshalb, weil er in den Medien präsenter ist. Online-Bewerbungsmasken haben aber streng genommen wenig mit KI zu tun, denn sie folgen immer demselben Muster, nachdem die Software programmiert wurde.

Algorithmen machen also nichts anderes, als A befolgen, wenn B eintritt. KI hingegen ist auch dazu in der Lage, selbstständig zu lernen und neue Erkenntnisse auf andere Bereiche anzuwenden. Wenn sie beispielsweise gelernt hat, A zu befolgen, weil B eingetreten ist, kann sie auch C befolgen, wenn D eingetreten ist und so weiter.

Benachteiligung und Überlistung

Das klingt zunächst sehr vielversprechend, aber dass der Einsatz von KI bei Bewerbungsprozessen tückisch sein kann, zeigt ein Beispiel besonders deutlich. Letztes Jahr ist bekannt geworden, dass eine von Amazon eingesetzte KI Frauen systematisch bei ihren Bewerbungsverfahren benachteiligt. Vereinfachend lässt es sich folgendermaßen erklären: Die KI hat aus den Amazon-Bewerbungen der letzten zehn Jahre gelernt. Da in dieser Zeit hauptsächlich Männer eingestellt wurden, folgerte die KI, dass die Eigenschaft „männlich“ grundsätzlich besser zu bewerten ist als die Eigenschaft „weiblich“.

Photo by Glenn Carstens-Peters on Unsplash
Photo by Glenn Carstens-Peters on Unsplash

Weniger komplex sind Schlagwortanalysen – diese lassen sich aber theoretisch von Bewerbern manipulieren. Online-Bewerbungen können von einer auf Algorithmen basierenden Software nach bestimmten Keywords untersucht werden. Je mehr Keywords in der Bewerbung stehen, desto größer könnten die Chancen auf eine Einladung zu einem Gespräch sein. So lohnt es sich zum Beispiel, einen genauen Blick auf die Stellenanzeige zu werfen; möglicherweise stehen dort die Keywords, nach denen in den Bewerbungen mithilfe der Software gesucht wird.

Sage mir, wie du sprichst und ich sage dir, wer du bist

Etwas unheimlich wird es dann, wenn es nur noch auf die Stimme sowie die Ausdrucksweise und weniger den Lebenslauf ankommt: Stimmen- beziehungsweise Sprachanalysen treffen eine Vorauswahl unter anderem anhand der Lautstärke und der Wortwahl eines Bewerbers. Der Computerstimme, mit welcher der Bewerber spricht, ist es herzlich egal, was gesagt wird, viel wichtiger ist, wie es gesagt wird. Bestimmten Softwares genügt das, um ein umfassendes Persönlichkeitsprofil des Bewerbers zu erstellen.

Die Skepsis der Deutschen gegenüber Algorithmen ist, obwohl sie sich auch auf Unkenntnis zurückführen lässt, in Teilen berechtigt. Die Umfrage der Bertelsmann Stiftung macht deutlich, dass sich die Hälfte der Deutschen noch nicht sicher ist, ob Algorithmen mehr Chancen oder mehr Risiken bergen. Wie und wozu Algorithmen, aber auch Künstliche Intelligenzen, zukünftig weiter eingesetzt werden, wird darüber entscheiden, wie das Stimmungsbild der Deutschen in Zukunft aussehen wird.


Photo by bruce mars on Unsplash